Die nächste Parteizentrale im Metaverse eröffnen?
Die Themen Metaverse und web3 schweben seit einigen Monaten in der Luft. Fashion, Immobilien, Kunst – alle sind dabei, aber man kann das Gefühl bekommen, dass nicht immer alle so richtig verstehen, was und warum sie was da gerade machen. Sollte die Politik besser die Finger von einem so ungewissen und unverstandenen Raum lassen? Oder liegt darin eine Chance, bestimmte Zielgruppen zu überraschen und auf eine ganz neue Weise abzuholen?
Meta-was? Und welches Web?
Das Metaverse ist eine erweiterte Realität, die durch die Nutzung von VR-Technologie entsteht. Im virtuellen Raum bewegt man den eigenen virtuellen Avatar. Es ist eine Art erweitertes Internet, das über herkömmliche 2D-Websites hinausgeht und ein 3D-Erlebnis bietet. Ganz einfach kann man durch die ganze digitale Welt reisen und mit verschiedenen Menschen kommunizieren.
Web3 hingegen bezieht sich auf die nächste Evolutionsstufe des Internets, in der dezentralisierte Technologien und Kryptowährungen eine zentrale Rolle spielen. Im Web3 sind Benutzer:innen nicht mehr von zentralen Instanzen abhängig, um auf Informationen zuzugreifen oder Transaktionen durchzuführen. Stattdessen ermöglichen Blockchain- und Kryptowährungstechnologien ein offenes und transparentes Ökosystem.
Das Metaverse und Web3 sind eng miteinander verbunden. Durch die Integration von dezentralisierten Technologien und Kryptowährungen im Metaverse können Benutzer:innen ihre virtuellen Aktivitäten monetarisieren und einen Wert für ihre digitalen Anstrengungen schaffen. Gleichzeitig kann das Metaverse neue Möglichkeiten für das Web3 eröffnen, indem es User:innen direkten Zugriff auf dezentrale Anwendungen und Dienstleistungen gewährt.
Das Metaverse und die Politik
Müsste das Metaverse als ein unkomplizierter Treffpunkt von Menschen nicht auch für die Kommunikation von Politiker:innen interessant sein? Dabei denken wir insbesondere an solche Parteien, die der Zukunft aufgeschlossen gegenüberstehen und Innovationen zugeneigt sind. Das Metaverse birgt unserer Einschätzung nach ganz neue Chancen, um mit Wählerinnen und Wählern zu interagieren und Kampagnen interaktiv zu gestalten. In Deutschland scheint dieses Potenzial (bisher) noch nicht erkannt zu sein. Deswegen lohnt ein Blick über den Tellerrand: Wie nutzen politische Akteure in anderen Ländern das Metaverse?
Wahlkampf im Metaverse
Emanuel Macron hat beispielsweise bereits einen Schritt in Richtung Metaverse gewagt. Sein Team hat vor der Wahl in Frankreich einen Minecraft Server aufgebaut, auf dem die Kampagne des Präsidenten gezeigt wurde. Die Server-Adresse war öffentlich und jede und jeder konnte Augen- und Ohrenzeuge von Wahlkampfauftritten werden. Es gab Spielcharaktere, die Fragen zur Politik Macrons beantwortet haben. Das war es dann aber auch mit der Interaktion, mit anderen Spieler:innen war diese nicht möglich.
Dass staatliche Institutionen oder gar ganze Staaten einen Minecraft-Server aufsetzen, ist keine Neuheit. Bereits der Vatikan oder auch die polnische Regierung haben auf dieses Medium zurückgegriffen, um sich vor allem für die junge Generation interessanter zu machen.
Der Wahlkampf auf Minecraft Servern ist ein erster (kleiner) Schritt ins Metaverse, aber erschöpft sicher noch nicht das volle Potenzial.
Metaverse und web3 in der Türkei
Nochmal ganz anders sieht es in der Türkei aus, dort ist man schon viel weiter. Oder, man war es? Es werden Parteiversammlungen im Metaverse abgehalten und die Partei DEVA Demokrasi ve Atılım Partisi hat sogar ihr eigenes DEVAVERSE, in dem sich die Parteizentrale befindet. Die Partei ist noch jung, sie wurde erst 2020 gegründet und verschreibt sich stark dem Thema Wirtschaft. Sie wollen ihre Glaubwürdigkeit im Themenbereich Digitalisierung durch den Fokus auf Web3 verdeutlichen und verbinden Türkinnen und Türken im ganzen Land. Parteiarbeit ist so nicht mehr auf lokale Gruppen angewiesen, sondern kann sich voll und ganz der Themenarbeit widmen. Allerdings ist (Stand 30.05.2023) das Devaverse nicht mehr aufrufbar, anders als es noch zu Beginn des Jahres der Fall war.
Metaverse für die Parteiarbeit
International ist das Metaverse also sowohl im Wahlkampf als auch bei der Parteiarbeit im Einsatz. Wir meinen: Insbesondere für die parteiinterne Arbeit bietet das Metaverse eine Möglichkeit, früher "altbackene" Prozesse innovativ zu gestalten. Ein großer Vorteil: Parteiarbeit wird offener und ist weniger an Bedingungen vor Ort gebunden. Damit sie durch das Metaverse auch wirklich inklusiver wird, ist es allerdings wichtig, alle Parteimitglieder und Unterstützer:innen mitzunehmen. Und ein weiterer Pluspunkt: Insebsondere für Parteien, die sich programmatisch offen für Digitalisierung und Innovationen zeigen, bietet die Nutzung des Metaverse eine Chance, an Glaubwürdigkeit und Authentizität zu gewinnen.