Twitter-Analyse 2020: So aktiv sind die Landtagsfraktionen
Die Politik hat sich bereits in die politische Sommerpause verabschiedet, doch wir haben eine weitere spannende Analyse zur Kommunikation der Landtagsfraktionen in den Sozialen Medien vorbereitet. In unseren letzten beiden Analysen (im November 2019 und Mai 2020) haben wir uns die Aktivität der Landtagsfraktionen auf Facebook angeschaut. Heute widmen wir uns einem anderen Kanal, der spätestens seit Trumps Präsidentschaft in aller Munde ist: Twitter.
Twitter besticht auch mit 280 Zeichen immer noch durch die Knappheit seiner Beiträge. Für viele Meinungsmacher*innen - darunter Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen - ist es ein effektives Sprachrohr, um gehört zu werden. Vor allem die Chance, selbst bei kleiner Followerschaft mit dem richtigen Tweet eine große Wahrnehmung zu erzeugen, macht das Medium für die Nutzer*innen interessant. Denn was heute auf Twitter passiert, steht morgen womöglich in der Zeitung: Wer provokant formuliert und den richtigen Hashtag nutzt, kann ein Thema neu auf die Agenda setzen und die eigene Botschaft viral machen. Übrigens nicht immer zugunsten der Senderin bzw. des Senders – denn immer wieder verbündet sich die Twittergemeinde und fällt mit einem "Shitstorm" über Botschaft und Twitteraccount her. Journalist*innen und andere Multiplikatoren beobachten Twitter deshalb wie einst nur den dpa-Ticker. Sie alle tragen mit dazu bei, die in diesem Nischenkanal diskutierten Themen auch in die eigenen Medien zu tragen.
Landtagsfraktionen, Bundestags- und Europaabgeordnete – prozentual viel stärker als in anderen Ländern sind sie Teil der Twitter-Community. Wir haben heute einmal die Aktivität der Landtagsfraktionen unter die Datenlupe genommen. Der Untersuchungszeitraum war das letzte Quartal, also der Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020.
Twitter-Account ja oder nein? Kräfte bündeln mit dem Landesverband oder als Alleinkämpferin?
Was fiel zunächst auf? Längst nicht jede Landtagsfraktion hat einen eigenen Account. Denn die Landtagsfraktionen der SPD Hessen, der SPD Schleswig-Holstein, der SPD Hamburg sowie von Bündnis 90/Die Grünen Hamburg, die Grünen Hessen und die CDU Hamburg führen einen gemeinsamen Account mit den jeweiligen Landesverbänden. Einige Fraktionen, wie zum Beispiel die CDU Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, führen zwar einen eigenen Twitter-Account, doch vernachlässigen diesen auf Kosten der Followerschaft. Auch finden sich zwei "Ein-Frau-Fraktionen" in unserer Analyse: und zwar von der ehemaligen AfD-Politikerin Doris von Sayn-Wittgenstein sowie Anna von Treuenfels-Frowein von der FDP. Von Treuenfels-Frowein kam in der letzten Bürgschaftswahl in Hamburg durch ein Direktmandat als einzige Freie Demokratin in die Bürgschaft. Von Sayn-Wittgenstein musste nach ihrem Rauswurf aus der AfD ihre Position als schleswig-holsteinische Landesvorsitzende abtreten, dem Landtag jedoch, gehört sie weiterhin als partei- und fraktionslose Abgeordnete an.
Follower lassen sich als potentielle Leserschaft beschreiben und damit gilt: je mehr, desto besser. Der Hotspot der Twitter-Blase liegt in Nordrhein-Westfalen: Über 15.000 Follower hat die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag und damit die größte Fanbasis in ganz Deutschland. Mit nur 2.000 Followern weniger folgt die FDP-Fraktion NRW, die dort zusammen mit der CDU-Fraktion seit 2017 in einer Koalition regiert. Durchweg gut aufgestellt sind ansonsten die Fraktionen der Grünen: In Hamburg und Berlin gibt es jeweils um die 11.000 Nutzerprofile, die ihnen folgen, in Bayern, NRW und Hessen sind es etwa 8.000 Follower. Die Bandbreite in der Followerzahl ist groß: Beispielhaft sei die niedersächsische CDU-Fraktion genannt - die obwohl sie Regierungsverantwortung in einem einwohnerstarken Bundesland trägt, gerade einmal auf 294 Follower kommt. Sie liegt damit auf dem drittschlechtesten Platz unter allen Fraktionen, die ein Twitter-Profil haben.
Tweet-Feuer: Landtagsfraktionen mit den meisten Posts auf Twitter
Mehr Follower gewinnt man auf Twitter durch Relevanz und Regelmäßigkeit beim Content, aber auch gute Dialogfähigkeit beim Communitymanagement. In den letzten Monaten sticht hier insbesondere die Grünen-Fraktion in Berlin heraus: Mit über 1.000 Beiträgen im Zeitraum April bis Juni 2020 und ca. zwölf Tweets pro Tag sind die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus die mit Abstand aktivste Landtagsfraktion auf Twitter. Auch die Berliner Fraktionen der Linken (611 Tweets), der FDP (409) und der AfD (406) im Berliner Abgeordnetenhaus finden sich im oberen Drittel hinsichtlich ihrer Aktivität. Bei den followerstarken Fraktionen in NRW engagieren sich die CDU-Fraktion mit 840 Tweets und die SPD-Fraktion mit 404 Tweets im gewählten Zeitraum ebenfalls besonders stark. Bei den gemeinsam mit den Landesverbänden geführten Twitterprofilen kann nur die SPD Schleswig-Holstein mit insgesamt 342 Tweets mit den aktivsten Profilen mithalten und gehört somit zur Top 7. Die anderen gemeinsam geführten Profile befinden sich allesamt im Mittelfeld. Dabei führt innerhalb dieser Kategorie die SPD Hamburg mit 154 Posts, während die CDU Hamburg das Schlusslicht mit 68 Posts bildet. Mehrere Fraktionen mit kleiner bzw. kleinster Followerschaft - die SPD-Fraktion Sachsen, die SPD-Fraktion Mecklenburg-Vorpommern, die CDU-Fraktion Schleswig-Holstein und auch die AfD-Fraktion Hessen - twitterten im Betrachtungszeitraum überhaupt nichts.
Mehr Zustimmung: Landtagsfraktionen mit den meisten Likes ihrer Posts auf Twitter
Die Menge der Tweets allein sagt noch nichts über ihre Sichtbarkeit oder gar Viralität aus. Viele Likes und Kommentare zu einem Tweet geben hier schon klarer Auskunft. Hier tun sich die AfD-Fraktionen in Berlin und in NRW hervor. Sie erreichten mit großem Abstand die meisten Likes für ihre Botschaften. Zwar erreichten auch die Grünen-Fraktion Berlin, die SPD-Fraktion NRW, die Linksfraktion Berlin, die CDU-Farktion NRW und die AfD-Fraktion Sachsen mehr als 4.000 Likes im Untersuchungszeitraum – doch das sind immer noch weniger als ein Drittel der Likes, die die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mit 18.000 Likes bzw. im NRW-Landtag mit 12.000 Likes erreichte. Diese beiden AfD-Fraktionen heben sich damit vom Durchschnitt mit ca. 1.200 Likes aller Beiträge im Betrachtungszeitraum deutlich ab. Und fast die Hälfte aller Fraktionen liegt mit ihren Likes noch deutlich unter dieser Zahl.
Top 20-Tweets der Landtagsfraktionen auf Twitter
Die 20 Tweets mit den meisten Likes im Untersuchungszeitraum findest Du hier als PDF. Die AfD ist auch hier überproportional oft - mit 16 Tweets - vertreten. Dies ist bemerkenswert, zeigt es doch die Funktionalität von Twitter etwa im Unterschied zu Facebook. Die größte Aufmerksamkeit bekommt also nicht unbedingt, wer die meisten Follower hat. Von diesen 16 stammen wiederum zwei Drittel der erfolgreichsten Tweets (11) von der AfD-Frakton Berlin mit insgesamt 5.652 Likes. Wie auch in unserer vorangegangenen Facebook-Analyse ersichtlich, erhalten die AfD-Fraktionen die größte Resonanz beim Thema Kriminalität und Migration. Nur die beiden Linksfraktionen in Berlin und in Hamburg sowie die SPD-Fraktion Baden-Württemberg schaffen es in die Top 20-Tweets. Letztere ausgerechnet mit einem Tweet über die Störung einer Landtagsdebatte seitens der AfD mit dem Hashtag #noafd. Corona ist dabei auch in diesem Zeitraum und auch auf Twitter das meistverwendete Schlagwort. Im Gegensatz zu den meisten Fraktionen, die mit Negativ-Posts in der Top-20 vertreten sind, gelingt dies den Linksfraktionen mit drei positiven Tweets: zur Solidarität mit der Black Lives Matter-Bewegung in Hamburg, zum neuen Mindestlohn sowie zur Wiederwahl der Fraktionsvorsitzenden in Berlin.
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